Das Pariser Klimaabkommen von 2015 setzt klare Ziele: Die Begrenzung der globalen Erwärmung auf unter 2°C, idealerweise 1,5°C. Um die schlimmsten Folgen des Klimawandels zu vermeiden, muss die Industrie die weltweiten Treibhausgasemissionen drastisch reduzieren. Bis 2030 sollen die CO₂-Emissionen im Vergleich zu 2010 um etwa 45 % sinken und bis spätestens 2050 eine Netto-Null erreicht werden, bei der nicht mehr CO₂ ausgestoßen als absorbiert wird.
Eine zentrale Rolle spielt hierbei die Industrie, die einen hohen Energiebedarf hat und oft auf fossile Brennstoffe angewiesen ist. Energieeffizienzmaßnahmen in der Industrie bieten daher großes Potenzial, um zur Emissionsreduzierung und zum Erreichen der Klimaziele beizutragen.
Die Bedeutung der Prozesswärme in der Industrie
Prozesswärme, oft in Form von Dampf, ist in der Industrie unverzichtbar. Sie wird für das Erhitzen, Reinigen und Trocknen von Materialien in verschiedenen Produktionsprozessen benötigt. Ein Großteil dieser Prozesswärme entsteht durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe, was erhebliche CO₂-Emissionen zur Folge hat.
Laut einer Studie der Hochschule Niederrhein könnten Unternehmen durch Optimierung ihrer Prozesswärme jährlich bis zu 21 Milliarden Euro an Energiekosten einsparen und ihre CO₂- Bilanz erheblich verbessern. Etwa 50 % der aktuell eingesetzten Prozesswärme könnte wirtschaftlich eingespart werden – dies hängt von Faktoren wie Temperaturanforderungen, eingesetzten Technologien und bereits ergriffenen Maßnahmen ab.
Herausforderungen bei der Dampferzeugung und -nutzung
Die Dampferzeugung ist energieintensiv und erzeugt bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe erhebliche Mengen an CO₂. Je nach Brennstofftyp entstehen pro Kilowattstunde CO₂-Emissionen, etwa 0,21 kg bei Erdgas und bis zu 0,5 kg bei Kohle. Für die Erzeugung von 1 kg Dampf bei 1.000 kPa benötigt man etwa 2.500 kJ, was bei der Nutzung von Erdgas einer CO₂-Emission von ca. 151 kg pro Stunde entspricht. Viele industrielle Prozesse setzen große Mengen an Dampf ein, was diese Emissionswerte entsprechend vervielfacht.
Ein erheblicher Teil der erzeugten Energie geht durch Leckagen und ineffiziente Kondensatableiter verloren. Dies führt nicht nur zu höheren Betriebskosten, sondern erhöht auch die CO₂-Bilanz des Betriebs. Selbst die Hersteller schätzen, dass bis zu 10 % der installierten mechanischen Ableiter jährlich ausfallen, was zu erheblichen Dampfverlusten und zusätzlichen Emissionen führt.
Strategien zur Energieeinsparung und Emissionsminderung
Zur Reduzierung der Emissionen und Steigerung der Effizienz in Dampfsystemen setzen immer mehr Unternehmen auf technologische Verbesserungen und Optimierungen, etwa in Form von Venturidüsen-Kondensatableitern und energieeffizienter Steuerungssysteme. Einige dieser Maßnahmen umfassen:
- Modernisierung der Dampfsysteme: Durch die Umstellung auf effizientere Kondensatableiter, die Dampfverluste reduzieren, lassen sich Energiekosten senken und Emissionen minimieren. Die Effizienzsteigerungen durch fortschrittliche Kondensatableiter können Dampfverluste um bis zu 30 % verringern.
- Rückführung und Wiederverwendung von Kondensat: Geschlossene Systeme, in denen das Kondensat zum Kessel zurückgeführt wird, verbessern die Gesamtenergieeffizienz erheblich. Optimierte Rückführungssysteme senken den Wasser- und Energieverbrauch, was gerade in Regionen mit begrenzten Wasserressourcen von Vorteil ist.
- Einsatz erneuerbarer Energien und Hybridlösungen: Der zunehmende Einsatz erneuerbarer Energien wie Solarthermie und Biomasse zur Unterstützung der Dampferzeugung kann die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen senken. Hybridlösungen kombinieren erneuerbare und konventionelle Energiequellen und ermöglichen eine flexiblere, umweltfreundlichere Dampferzeugung.
- Effizientere Überwachungs- und Steuerungssysteme: Moderne Mess- und Steuerungstechnologien machen es möglich, Dampfverluste durch Leckagen oder defekte Komponenten frühzeitig zu erkennen. Digitale Überwachungslösungen erhöhen die Anlagenverfügbarkeit und ermöglichen eine proaktive Instandhaltung, was zu signifikanten Energieeinsparungen führt.
- Verbesserte Wärmerückgewinnung: Die Rückgewinnung und Wiederverwendung von Wärme, die bei der Dampferzeugung oder anderen industriellen Prozessen entsteht, ist eine weitere Möglichkeit, den Energieverbrauch zu reduzieren. Wärme, die ansonsten verloren ginge, kann für andere Prozesse im Betrieb verwendet oder zur Unterstützung des Heizsystems genutzt werden.
Finanzielle und ökologische Vorteile der Emissionsreduktion
Durch die Optimierung der Energieeffizienz profitieren Unternehmen nicht nur ökologisch, sondern auch wirtschaftlich. Investitionen in energieeffiziente Technologien senken langfristig die Betriebskosten, reduzieren den Brennstoffbedarf und verringern die Abhängigkeit von Emissionszertifikaten und anderen regulatorischen Auflagen.
Zusätzlich können Unternehmen, die ihre Emissionen aktiv senken, finanzielle Anreize wie Subventionen oder steuerliche Erleichterungen in Anspruch nehmen. Auch die langfristige Wettbewerbsfähigkeit wird gestärkt, da sich nachhaltige Praktiken zunehmend als Entscheidungskriterium für Partner und Kunden etablieren.
Beitrag der Industrie zu den Netto-Null-Zielen
Eine energieeffizientere Prozessindustrie spielt eine Schlüsselrolle in der Erreichung der Netto-Null-Ziele. Durch die Reduktion des Brennstoffverbrauchs und den Einsatz moderner Energiemanagementsysteme können Unternehmen ihren ökologischen Fußabdruck erheblich verringern. Der Umstieg auf effiziente Technologien und die Integration von Energiemanagement und -überwachung ermöglichen es der Industrie, zu wichtigen Akteuren im globalen Kampf gegen den Klimawandel zu werden.
Die Bedeutung eines strategischen, nachhaltigen Ansatzes im Betrieb wird auch von Kunden und Investoren zunehmend gefordert. Unternehmen, die durch nachhaltige Energieeinsparungen einen Beitrag zum Umweltschutz leisten, verbessern ihre Marktposition und erfüllen zukünftige regulatorische Anforderungen proaktiv.
Autor: Nigel Egginton
Geschäftsführer
EBE Engineering