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Einigung bei Chemie-Tarif: Lohnerhöhung und Sonderzahlungen

Schwere Geburt: Nach dreitägigen Verhandlungen haben sich IGBCE und Chemie-Arbeitgeber am 18. Oktober auf ein Entlastungspaket für die gut 580.000 Beschäftigten der Branche geeinigt, das sowohl akute Energiepreissprünge abfedert als auch tabellenwirksam die Entgelte steigert. Die Tarifeinigung bedeutet eine Netto-Entlastung von bis zu 15,6 Prozent für die Beschäftigten. Bundestarifkommission wird über das Verhandlungsergebnis informiert Stunde […]

von | 20.10.22

Schwere Geburt: Nach dreitägigen Verhandlungen haben sich IGBCE und Chemie-Arbeitgeber am 18. Oktober auf ein Entlastungspaket für die gut 580.000 Beschäftigten der Branche geeinigt, das sowohl akute Energiepreissprünge abfedert als auch tabellenwirksam die Entgelte steigert. Die Tarifeinigung bedeutet eine Netto-Entlastung von bis zu 15,6 Prozent für die Beschäftigten.

Bundestarifkommission wird über das Verhandlungsergebnis informiert

Stunde um Stunde hatten die Verhandlungskommissionen von IGBCE und BAVC (Bundesarbeitgeberverband Chemie) miteinander gerungen, um zu einer gemeinsamen Lösung zu kommen – bis tief in die Nacht liefen die Verhandlungen zwischen den Sozialpartnern, bevor man sich einig wurde. „Wir haben mal wieder Nachtschichtzuschläge verdient“, erklärte IGBCE-Verhandlungsführer Ralf Sikorski mit Blick auf die Marathongespräche. Man hätte nicht weniger als die „Quadratur des Kreises“ angestrebt, also eine schnelle, spürbare und deutliche Entlastung für die Beschäftigten und eine tabellenwirksame Erhöhung der Entgelte, die aber die Unternehmen der Chemiebranche nicht überfordert, sagte er.

In 40 Jahren habe er nicht in so einem herausfordernden Umfeld verhandeln müssen, so Sikorski mit Blick auf die aktuelle Situation mit Krieg und Rekordinflation. Angesichts dessen hätte man ein Paket geschnürt, das sich sehen lassen könne. Zumindest temporär für 2023 und 2024 sei es gelungen, den Beschäftigten in der Chemie- und Pharmabranche einen Inflationsausgleich zu verschaffen. „Diese Mission ist erfüllt“, konstatierte Sikorski. „Wir haben unter miserablen Rahmenbedingungen Wort gehalten und eine intelligente Kombination aus schnell spürbarer Entlastung und nachhaltigem Lohnplus durchgesetzt“, sagte er. „Die Menschen profitieren vom attraktiven ,Brutto-für-Netto‘-Angebot der Bundesregierung genauso wie von der höchsten Tariferhöhung in der Chemie seit mehr als 30 Jahren.“ Zusammen mit den staatlichen Entlastungspaketen und der unter IGBCE-Vorsitz entwickelten Gaspreisbremse lasse sich so der finanzielle Druck auf die Chemie-Beschäftigten in der Krise spürbar eingrenzen.

Das Ergebnis im Einzelnen

Das verhandelte Entlastungspaket sieht als tarifliches Inflationsgeld steuerfreie Sonderzahlungen in zwei Tranchen von jeweils 1500 Euro pro Kopf vor, die spätestens im Januar 2023 und im Januar 2024 fällig werden. Ebenfalls jeweils zum Januar 2023 und 2024 greifen zudem tabellenwirksame Entgelterhöhungen von je 3,25 Prozent, in Summe also 6,5 Prozent. Letztere gelten auch für die Auszubildenden, die zusätzlich je 500 Euro Sonderzahlung in zwei Tranchen erhalten (insgesamt 1000 Euro). Die Tariferhöhungen können aus wirtschaftlichen Gründen mittels Betriebsvereinbarung um bis zu drei Monate verschoben werden, für die Sonderzahlung gilt dies nicht. Mit dem tariflichen Inflationsgeld wird das Angebot der Bundesregierung, zur Entlastung der Menschen Arbeitgeberzahlungen von bis zu 3000 Euro steuer- und abgabenfrei zu stellen, voll ausgenutzt. Sonderzahlungen und tabellenwirksame Entgelterhöhungen erzeugen in Summe für Chemie-Beschäftigte eine Nettoentlastung von durchschnittlich 12,94 Prozent, in der niedrigsten Entgeltgruppe liegt sie sogar bei 15,64 Prozent. Laut aktuellen Prognosen wird während der Laufzeit des Tarifvertrags bis Sommer 2024 eine Gesamtinflation von zwölf Prozent erwartet.

„In dieser historischen Ausnahmesituation mit ungekannten Inflationsraten und drohender Rezession haben die Tarifparteien Verantwortung für die Beschäftigten, den Industriestandort und die Binnennachfrage zugleich übernommen“, lobte IGBCE-Chef Michael Vassiliadis das Ergebnis. „Dieser Abschluss hat Signalwirkung über die Branche hinaus. Beweist er doch, dass gut gemachte Tarifpolitik zentraler Baustein eines gesamtgesellschaftlichen Bollwerks gegen Inflation und Energiekrieg sein kann.“

Auch die Mitglieder der Bundestarifkommission Chemie bewerteten das Ergebnis positiv: „Hervorragender Abschluss“, sagte etwa Arndt Wieckhorst von der Covestro Deutschland AG. „Viel Weitblick, längere Laufzeit, das können wir akzeptieren und gibt uns etwas Zukunftssicherheit in der jetzigen Krisensituation.“ Neben dem monetären Teil haben sich die Sozialpartner zudem darauf verpflichtet, gemeinsam an der Stärkung der Tarifbindung zu arbeiten. Im Rahmen der Laufzeit des Tarifvertrages sollen Ideen für tarifliche Regelungen zur Stärkung der Tarifbindung auf beiden Seiten entwickelt werden.

Mit der Einigung auf die Entgelterhöhungen ist die Tarifrunde Chemie 2022 nach der dritten bundesweiten Verhandlung abgeschlossen. Der geschlossene Tarifvertrag endet am 30. Juni 2024. Bereits im Frühjahr hatten sich beide Seiten unter anderem auf höhere Schichtzulagen, die Einführung von Deutschlands erster betrieblicher Altersversorgung nach dem Sozialpartnermodell in einem Flächentarif und auf die Stärkung der Ausbildung mit einem millionenschweren Förderprogramm geeinigt. Angesichts der Unsicherheit kurz nach Beginn des Ukraine-Kriegs waren die Entgeltverhandlungen in den Oktober verschoben worden. Im Gegenzug erhielten die Beschäftigten eine Brückenzahlung in Höhe von 1400 Euro pro Kopf.

Bildquelle, falls nicht im Bild oben angegeben:

Die beiden Verhandlungsführer Ralf Sikorski (links) und Hans Oberschulte erklärten die Einigung in einer Pressekonferenz. (Bild: IGBCE)

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